Kindesunterhalt: Der Besuch einer primär der Verbesserung der allgemeinen Fähigkeiten dienenden berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme durch ein volljähriges Kind begründet keine gesteigerte Erwerbspflicht der Eltern.
Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm am 03.12.2014 beschlossen und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht Dorsten bestätigt.
Die 20jährige Antragstellerin aus Dorsten ist die Tochter der Antragsgegnerin. Sie lebt bei ihrem Vater, der selbst erwerbsunfähig ist und Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II bezieht. Die Antragsgegnerin ist geringfügig beschäftigt und erhält ergänzend Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin hat die Hauptschule ohne Abschluss beendet. Sie möchte eine Berufsschule besuchen, dort den Hauptschulabschluss und darauf aufbauend den Realschulabschluss erreichen, um Altenpflegerin zu werden. Derzeit absolviert sie eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme der Stadt, um ihre Lese-, Rechtschreib- und Lernkompetenzen zu verbessern. Sie erhält eine monatliche Ausbildungsbeihilfe von ca. 250 Euro. Von der Antragsgegnerin begehrt sie monatlichen Volljährigenunterhalt in Höhe von ca. 300 Euro und meint, ihre Mutter treffe eine gesteigerte Erwerbspflicht, weil sie, die Antragstellerin, sich noch in der allgemeinen Schulbildung befinde. Mit dieser Begründung hat sie Verfahrenskostenhilfe für eine Unterhaltsklage gegen die Antragsgegnerin begehrt.
Der Antrag der Zwanzigjährigen ist erfolglos geblieben. Nach der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift des § 1603 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so der 2. Senat für Familiensachen, sei die Antragstellerin bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres nur dann privilegiert und einem minderjährigen unverheirateten Kind gleichzustellen, wenn sie im Haushalt eines Elternteils lebe und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinde. Letzteres sei nicht der Fall. Die Tochter absolviere eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, mit der sie gerade nicht primär auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses vorbereitet werden solle. Die Maßnahme diene vorrangig der beruflichen Integration und solle es der Antragstellerin ermöglichen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung zu überprüfen, zu bewerten und zu erweitern und eine Berufswahlentscheidung zu treffen. Es gehe mithin um eine allgemeine Verbesserung vorhandener Fähigkeiten der Antragstellerin und nicht primär darum, dass sie die Schulzeit mit einem qualifizierten Abschluss beende. Im Übrigen enthalte die Maßnahme auch einen Berufsschulteil, der nicht mehr zur allgemeinen Ausbildung zähle, weil berufsbezogene Ausbildungsinhalte vermittelt würden.
Aufgrund ihrer Einkommenssituation sei die Antragsgegnerin gegen- über der somit nicht privilegierten, volljährigen Antragstellerin wegen des dann geltenden höheren Selbstbehalts nicht leistungsfähig und schulde keinen Unterhalt.
Rechtskräftiger Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 03.12.2014 (2 WF 144/14)
Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 24.02.2015